Gefesselt vom Netz

Wir bewegen uns heute in einer Umwelt, die wie nie zuvor durchzogen ist von Vernetzung – ein Leben ohne Internet ist unvorstellbar geworden. Der sofortige Zugriff auf Wissen und Information in jeglichem Bereich übt eine hohe Faszination aus, wir sind inzwischen daran gewöhnt, in den sozialen Netzwerken mit einem kurzen Blick zu erfassen, wo unsere Freunde und Freundesfreunde sich gerade befinden, was sie tun und wie es ihnen geht. Wir brauchen sie nicht zu fragen, wir beobachten sie.

Das Netz pflegt seinen eigenen Modus und seine eigene Geschwindigkeit, beständig droht der sofortige Verfall in die Vergessenheit und so befeuert es uns: Posten, immer lauter, schneller, exhibitionistischer. Es entsteht eine Welt der besonders schönen Momente, das Bilderbuch einer ewig fröhlichen, erfolgreichen und glücklichen Gemeinschaft. In diesem Utopia verzerrt sich der Maßstab unserer Realität.

Die Verführung in diesem Paradies begegnet uns jedoch nicht als aalglatte Schlange, sondern im Glitzergewand der Selfie-Welt per Smartphone, denn die Eintrittskarte ist die Selbstdarstellung. Die Preisgabe und Vermarktung der eigenen Privatsphäre wird zur Normalität und lässt uns zum permanenten Pressesprecher in eigener Sache werden – wir selbst werden dabei zusehends zum eigenen Marketingobjekt.

Wir sind gefesselt vom Netz: Soziale Netzwerke werden zu unseren Traumwelten, in denen wir verfangen sind. Im selbstgesponnenen Netz werden wir zur eigenen Beute.